Stephan Hermlin

Stephan Hermlin

[d. i. Rudolf Leder]

Geboren: 13.04.1915 in Chemnitz
Gestorben: 6.04.1997 in Berlin

Leben

Stephan Hermlin wuchs als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie auf. Ab Anfang der 1930er-Jahre war er in der kommunistischen Jugendbewegung aktiv. Von 1933-1935 machte er eine Lehre als Drucker. Nach 1933 war er im antifaschistischen Widerstand aktiv. 1936 emigrierte Hermlin nach Palästina, dann nach Frankreich und 1943 in die Schweiz, wo er in der Bewegung „Freies Deutschland“ mitarbeitete. Nach Kriegsende 1945 kehrte er ins besetzte Deutschland zurück. Er war Literaturredakteur bei Radio Frankfurt. 1947 ging er nach Ost-Berlin und arbeitete in verschiedenen Gremien der sowjetischen Besatzungszone und der DDR. Im Dezember 1962 gehörte Hermlin zu den Initiatoren einer Aufsehen erregenden Lesung junger Lyriker (u. a. W. Biermann, V. Braun, K. Mickel) in der Akademie der Künste der DDR, die die Lyrik-Welle der 60er Jahre einleitete. Hermlin wurde daraufhin von seiner Funktion als Sekretär der Klasse Dichtkunst und Sprachpflege der Akademie entbunden. 1968 kritisierte er die Niederschlagung des Prager Frühlings, machte dies aber nicht öffentlich. 1976 initiierte Hermlin den Protest prominenter Schriftsteller gegen die Ausweisung von Wolf Biermann. 1981 organisierte er die Berliner Begegnungen, ein deutsch-deutsches Schriftstellertreffen zur Friedensförderung. Er war Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR, des ostdeutschen PEN-Zentrums und beider Akademien der Künste (Ost- und Westberlin). Nach 1989 wurde ihm angepasstes und privilegiertes Verhalten vorgeworfen u. a. wegen seiner Freundschaft zu E. Honecker, seiner Haltung zum Mauerbau, zu frühen Stalin-Gedichten und zur DDR-Opposition. Der hessische Literaturredakteur Corino warf ihm zudem ungerechtfertigte Behauptungen vor, etwa dass sein Vater KZ-Häftling gewesen sei, er selbst Offizier im Spanischen Bürgerkrieg und ein aktives Mitglied der französischen Résistance. Corinos Kritik beruhte zwar im Wesentlichen auf fiktionalen Texten („Abendlicht“) und nicht auf nachweisbaren Behauptungen Hermlins, jedoch bleibt der Vorwurf zurück, dass Hermlin lange Zeit ohne Widerrede duldete, dass die Öffentlichkeit literarische Erfindungen für wahr hielt.

Werke 
Zwölf Balladen von den großen Städten (1945) 
Der Leutnant York von Wartenburg (1946) 
Reise eines Malers in Paris (1947) 
Die Zeit der Gemeinsamkeit (1949) 
Die erste Reihe (1951) 
Der Flug der Taube (1952) 
Begegnungen: 1954 – 1959 (1960) 
Scardanelli (Hörspiel, 1970) 
Lektüre: 1960 – 1971 (1974) 
Die Argonauten (1974) 
Abendlicht (1979) 
Aufsätze, Reportagen, Reden, Interviews (1980, Hrsg. v. Ulla Hahn) 
Äußerungen (1983) 
Mein Friede / Rückkehr (1985) 
Lebensfrist (1987) 
Gedichte und Nachdichtungen (1990) 
Erzählende Prosa (1990) 
In den Kämpfen dieser Zeit (1995) 
Entscheidungen (1995) 
Deutsches Lesebuch. Von Luther bis Liebknecht (1976) 
u. a. 

Diese Titel finden Sie in der Stadtbibliothek Chemnitz.


Weiterführende Informationen

Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Hg. von Heinz Ludwig Arnold. Göttingen 1978 (wird ständig fortgesetzt).
Schlenstedt, Silvia: Stephan Hermlin, Berlin 1985.
Corino, Karl: Aussen Marmor, innen Gips. Die Legenden des Stephan Hermlin, Düsseldorf 1996.
Ohlerich, Gregor: Stephan Hermlins Verhältnis zur Arbeiterklasse. Zwischen Bürgertum und Sozialismus. Eine literatursoziologische Untersuchung […], Berlin 2000.


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